Beitrag zur Geschichte des Schaffhauser Postwesens
Im Jahr 1978 habe ich unter Mitwirkung einiger an der Postgeschichte interessierter Mitarbeiter über das Post-Patent des Stadtstaates und das Post-Regale des Kantons Schaffhausen einen Aufsatz veröffentlicht, sozusagen als Vorläufer zu einem umfassenden Bericht über das Schaffhauser Postwesen. Da es mir nicht möglich ist, diesen abschliessenden Bericht selbst abzufassen, beschränke ich mich heute auf zwei Abschnitte, die im Widerspruch zu den bisherigen Veröffentlichungen stehen. Bevor ich jedoch auf die einzelnen Punkte näher eintrete, möchte ich bezüglich der HELVETIK einige Tatsachen in Erinnerung rufen und zwar:
- Der helvetische Einheitsstaat wurde am 14. April 1798 proklamiert
- Die Tagsatzung vom 19. Februar 1803 beschloss die Auflösung desselben.
- Die Rückgabe der Post-Regale an die Kantone erfolgte am 1. August 1803 (Schreiben der Postkammer Basel Stadt an die Regierung des Kantons Schaffhausen (STA Korr. August 1803).
Diese Tatsachen sind von wesentlicher Bedeutung für die Besprechung des Stempels No. 3481 im "Handbuch der Schweizer Vorphilatelie 1695 - 1850" von J.J. Winkler (Zürich 1968)
Winkler klassierte diesen Stempel unter der Bezeichnung "Kantonalposten", wobei er die Verwendungszeit von 1803 bis 1806 erwähnt. In meiner Stempelsammlung befindet sich ein Brief — leider ohne Inhalt, aus welchem das Datum hätte festgestellt werden können — auf dessen Vorderseite der Einzeiler SCHAFHAUSEN in Elzevir No. 3481 geschlagen ist. Das Besondere an diesem Dokument ist jedoch die Rückseite, weil das Siegel einwandfrei erkennen lässt, dass es sich um ein Schreiben der HELVETISCHEN REPUBLICK/ KANTON SCHAFHAUSEN/DISTRIKTS-GERICHT SCHAFHAUSEN handelt. Im Zentrum des Siegels ist das Motiv vom Teil (Abb. 1). Der Brief muss demzufolge während der Helvetik geschrieben worden sein, d.h. vor dem Auflösungsdatum vom 19. Februar 1803.
Abb. 1: Vorderseite: Einzeiler SCHAFHAUSEN 5 x ca. 45 mm, ca. 1800. Rückseite: Siegel HEL VETISCHE REPUBLICK/CANTON SCHAFHA USEN DISTRIKTGERICHT l SCHAFHA USEN
Als weiteren Beleg erwähne ich den Postschein des helvetischen Postamtes Schafhausen vom 23. May 1803, den ich im Archiv der ehemaligen Postmeister Peyer, deponiert im Stadtarchiv Schaffhausen, gefunden habe (Abb. 2).
Abb. 2 Postschein des helvetischen Postamtes Schafhausen vom 23.5.1803 mit Einzeller von SCHAFHA USEN 5 x ca. 45 mm. (Original im Peyer-Archiv, deponiert im Stadtarchiv Schaffhausen)
In meiner Sammlung befindet sich ausserdem ein Geschäftsbrief des Schaffhauser Agenten Beat Hurter, von welchem ich übrigens auch einen Forwarded-Brief vom 8. Mai 1800 besitze. Der Geschäftsbrief wurde am 5. März 1803 aufgegeben (Abb. 3), er ist also mit noch früherem Datum als der oben erwähnte Postschein. Der Postschein sowie auch der Geschäftsbrief fallen in die Interimszeit zwischen dem Auflösungsbeschluss und der Rückgabe der Post-Regale an die Kantone.
Abb. 3: SCHAFHAUSEN 5.3.1803, 5 x ca. 45mm, handschriftlicher Vermerk "Franco Brougg".
Die drei oben erwähnten Dokumente erbringen m.E. den Beweis, dass der Stempel No. 3481 auch der HELVETIK zuzuschreiben ist. Der gleiche Stempel ist auch von den Nachfolgern, d.h. den Postmeistern von Meyenburg, Peyer und Stokar, den Besitzern des Postlehens, ab 1. August 1803 bis ins Jahr 1806 weiterverwendet worden. Er gehört deshalb auch zu den KANTONALPOSTEN, jedoch mit der Anmerkung "Stempel der Helvetik, von den Postmeistern weiterverwendet".
Der zweite Abschnitt betrifft den Stempel POST/COLLECTION/UNTERNEUHAUS. Im bereits zitierten Werk von Winkler ist dieser Stempel unter der No. 3522 für die Zeit von 1844 - 1850 aufgeführt. Da ich an der Richtigkeit der Jahreszahl 1844 Zweifel hegte, forschte ich in den Beständen des Staatsarchivs Schaffhausen. Dabei fand ich einen Brief vom 17. September 1845 von Wilchingen, der keinen Stempel aufweist, sondern den handschriftlichen Vermerk: "v.U'Neuhaus" (Abb. 4).
Abb. 4: Brief von Wilchingen 17.9.1845, wurde vom offiziellen Boten nach Unterneuhaus gebracht, handschriftlicher Vermerk "v. U'Neuhaus"
Dasselbe betrifft den Brief von Wilchingen, der den Einkreis-Ankunftsstempel vom 2. April 1846 trägt (Abb. 5).
Abb. 5 : Brief von Wilchingen 30.3.1846, handschriftlicher Vermerk "v. Uneuhaus"
Es darf gewiss angenommen werden, dass, wenn in jener Zeit Unterneuhaus schon einen eigenen Stempel gehabt hätte, derselbe verwendet worden wäre. Dass diese These jeder Kritik standhält, beweist zudem die einzige mir zu Gesicht gekommene "BEKANNTMACHUNG" (Abb. 6), die in der Stadtbibliothek Schaffhausen unter der Signatur UO 1/13 aufbewahrt ist, und die nicht einmal im Fürstl. Thurn und Taxis'schen Zentralarchiv in Regensburg im Original vorhanden ist. In dieser Bekanntmachung wird erwähnt, dass neben der Errichtung einer Postcollection in Thayngen für die Orte Behringen, Buchberg, Dörflingen, Löhningen, Siblingen und Unterneuhaus als Neuerungen Postablagen errichtet werden, währenddem die dafür benötigten Stempel mit dem Text POST-COLLECTION angefertigt worden sind. Dabei muss es sich offensichtlich um ein Versehen gehandelt haben, weil "Postcollectionen" höher eingestuft wurden als "Ablagen".
Interessanterweise sind die an der Grenze zu Deutschland liegenden Orte Schleitheim, Bargen und Thayngen zu Postcollectionen erhoben worden (ohne dass dies aus den Stempeln direkt ersichtlich ist!) und zwar:
Schleitheim: gemäss Beschluss vom 6./9. August 1843 (Hufeisen) (ZAR-Postakten 7083).
Bargen: Eröffnung auf den 1. Februar 1845 (Huf) gemäss ZAR-Akten 7083,
und Thayngen: Eröffnung auf den 1. Juli 1846 (Einkreis) gemäss der oben angeführten "Bekanntmachung" vom 20. Juni 1846.
Abb. 6
Abb. 7: Osterfingen 27.8.1846. Erster im STA gefundener Brief mit Stempel POST-COLLECTION UNTERNEUHAUS
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch erwähnen, dass in Unterneuhaus bereits am 3.2.1834 (STA Korr. Februar 1834) durch die Thurn- und Taxis-Post-Administration — also kurz nach Übernahme des Schaffhauser Postwesens am 1.1.1834 — eine "Station" (Pferdewechsel) für die Route Basel — Schaffhausen — Konstanz - Lindau errichtet worden ist. Es handelte sich um die Wirtschaft des Gastwirtes und Besitzers Johann Heinrich Waldvogel. Es wurde ein entsprechender Vertrag abgeschlossen und Waldvogel in Pflicht genommen.
Zum Abschluss erwähne ich noch den ersten, im Staatsarchiv Schaffhausen vorgefundenen Brief mit Stempel POST-COLLECTION UNTERNEUHAUS, der am 27. August 1846 in Osterfingen geschrieben worden ist. Auf der Rückseite befindet sich der Zweizeiler von Schaffhausen als Ankunftsstempel (Abb. 7). Damit wäre der Beweis erbracht, dass Unterneuhaus erst am 1. Juli 1846 (siehe "Bekanntmachung") als Postablage, bezw. fälschlicherweise als Postcollection, eröffnet worden ist.
Abkürzungen:
- STA = Staatsarchiv Schaffhausen
- ZAR = Zentralarchiv Regensburg
© Schweizerische Vereinigung für Postgeschichte / SVPg