Unehrlichkeit schadet der Philatelie

Trotz eindeutigem Sachverhalt versucht ein Verkäufer einem verfälschtes Markenpaar den Anschein von Echtheit zu wahren – wider besseres Wissen. Diese Unehrlichkeit erfüllt im Falle eines erfolgreichen Verkaufs an einen gutgläubigen Kunden den Tatbestand des Betrugs.

Ein toll präsentierendes Paar von dunkelblauen Rayon I-Marken fand nach erfolgtem Verkauf den Weg zum Rayon-Prüfer Mario Huzanic zur Nachprüfung. Das gute Stück verfügte über ein Attest des ehemaligen Prüfers H.P. Renggli aus dem Jahre 2001. Darin wird dem attraktiven Markenpaar Echtheit attestiert, sowohl bezüglich der Entwertung als auch dem im vorliegenden Fall entscheidenden seltenen Farbton «Violettblau» (SBK-Nr. 15 II b).

Im Zuge der erneuten und sorgfältigen Prüfung wurde festgestellt, dass insbesondere der violettblaue Farbton, der das sauber entwertete Markenpaar besonders wertvoll machen würde, das Ergebnis einer Verfälschung durch Aufmalen von violetten sowie blauen Punkten ist. Diese aufgemalten Punkte sind über das gesamte Markenbild, über den Blau- und Schwarzdruck als teilweise auch über den Rotdruck verteilt, wie die mikroskopische Aufnahme zeigt. Und auch bei den PD-Entwertungen wurden nachträgliche «Verschönerungen» festgestellt. Insgesamt also ein für den Käufer niederschmetterndes Prüfungsergebnis, das zur Annullierung des Kaufs führte.

Im Normalfall würde man annehmen, dass der Verkäufer, wenn er von den Feststellungen der Verfälschung Kenntnis erhält, nicht nur das «corpus delicti» zurücknimmt, sondern auch zustimmt, dass sowohl die verfälschten Marken als auch das unzutreffende, mehr als zwanzig Jahre alte Attest entsprechend gekennzeichnet werden.
Das ist im vorliegenden Fall leider nicht so. Vielmehr verweigerte der Verkäufer eine derartige Kennzeichnung durch den Verbandsprüfer, wohl in der Absicht, auf einem anderen Kanal einen gutgläubigen und weniger kritischen Käufer zu finden. In nackten Zahlen ausgedrückt: Bei einem Markenpaar im üblichen Blauton sprechen wir von einem Katalogwert von 1'500 CHF, bei einem solchen im violettblauen Ton von 12'000 CHF. Also dem achtfachen Betrag. Für ein derartiges Objekt kommen eigentlich nur arrivierte Sammler als Käufer in Frage. Da im vorliegenden Fall befürchtet werden muss, dass ein unwissender Sammler zum Opfer eines dreisten Verkäufers werden könnte, wird der Fall publiziert in der Hoffnung, einem weiteren Philatelisten eine Enttäuschung zu ersparen.

Der Eigentümer scheint allerdings das Risiko einer allfälligen Betrugsklage eingehen zu wollen. Anders kann seine Verweigerung einer eindeutigen Kennzeichnung als Verfälschung nicht interpretiert werden. Gemäss Artikel 8 der Prüfordnung steht einem Verbandsprüfer das Recht zu, Verfälschungen als solche zu kennzeichnen, ebenso wie vorhandene unzutreffende Atteste zu korrigieren. Deshalb einmal mehr der Aufruf «Augen auf beim Markenkauf».


Abb. 1: Markenpaar 15 II, Randstück der Typen 5 und 6 mit blauer PD-Entwertung.


Abb. 2: Verfälschung durch aufgemalte blaue und violette Farbpunkte im Blick durchs Mikroskop.


Abb. 3: Ausschnitt aus dem Attest Huzanic vom 19.04.2024