Flugpost aus Liechtenstein im zweiten Weltkrieg nach Amerika (VII)
(Ein Beitrag zur Postgeschichte von Liechtenstein)
Abb. 19 zeigt einen Eilboten-Einschreibebrief, welcher am 29. April 1942 in Vaduz aufgegeben wurde. Mangels entsprechender Verfügungen des Absenders ging der Beleg "via Genf l" auf dem direkten (Land-) Weg nach Lissabon und von dort via Hamilton nach New York, wo der Brief gemäss rückseitigem Transitstempel erst am 5. Juni 1942, also nach mehr als 5 Wochen Laufzeit, eintraf.
Es ist heute nur noch schwer festzustellen, worauf die teilweise extrem langen Laufzeiten in dieser Zeit zurückzuführen sind. Die weitere Strecke (bei der Südroute) oder die Zensur dürften es kaum gewesen sein, eher kommt man aufgrund verschiedener hier gezeigter Belege zu der Auffassung, dass in Lissabon die Anweisung bestand, Transitpost aus der Schweiz (und Liechtenstein) so lange liegen zu lassen, bis eine geeignete Verbindung bestand. Da die Clipper zwar ziemlich regelmässig flogen, aber nur eine begrenzte Nutzlastkapazität hatten, besteht schon die Möglichkeit, dass die Beförderung von Personen und gewissen diplomatischen bzw. militärischen Frachtstücken absoluten Vorrang vor der Postbeförderung hatte. So ist anzunehmen, dass erst die restliche Kapazität bei den Flügen mit Postsäcken ausgefüllt wurde, was bei dem doch regen Postverkehr für einen ganzen Kontinent (wobei nicht vergessen werden sollte, dass z.B. auch Luftpost nach Afrika und Asien damals diese einzige Luftpostlinie aus Europa heraus nehmen musste und von Amerika aus dann weiter über Südamerika und Zentralafrika in den Vorderen und Mittleren Osten transportiert wurde) zwangsläufig zu den zu beobachtenden Stauungen und Verzögerungen führte.
Abb. 19
Abb.20
sollte, dass z.B. auch Luftpost nach Afrika und Asien damals diese einzige Luftpostlinie aus Europa heraus nehmen musste und von Amerika aus dann weiter über Südamerika und Zentralafrika in den Vorderen und Mittleren Osten transportiert wurde) zwangsläufig zu den zu beobachtenden Stauungen und Verzögerungen führte Ein weiterer Einschreibebrief (Abb. 20), der in Vaduz am 3. Mai 1942 aufgegeben und mit dem dortigen Sonderstempel zur 600 Jahr-Feier entwertet wurde, ging ebenfalls via Genf l nach Lissabon und via Bermudas (Blaustiftnotiz I C auf dem Zensurverschlussstreifen P.S. 90 "Form 167") nach New York und Philadelphia, wo der Brief am 11. bzw. 12. Juni 1942 eintraf. Die roten amerikanischen Stempel betreffen die Eilbotenbeförderung "Special Delivery" und "Fee claimed by Office of First Address."
Abb. 21 zeigt einen am gleichen Tage und mit dem gleichen Sonderstempel entwerteten Luftpostbrief nach New York, der mit 80 Rappen freigemacht ist. Dieses Porto beinhaltet nur die Luftpostbeförderung in Europa bis Lissabon bei einem angegebenen Gewicht des Briefes von 16 gr. (Flugzuschlag bis Portugal 0.20 Sfrs. pro 20 gr.) Über den Atlantik ging dieser Beleg mit grösster Wahrscheinlichkeit per Schiff, wobei die englische Zensur ebenfalls auf den Bermudas durchgeführt wurde. Die Kennzeichnung liest sich zwar wie "I G" (dies wäre die Bezeichnung der Bahamas, wo jedoch nach bisherigem Erkenntnisstand keine Transitzensur durchgeführt wurde), dürfte aber trotzdem "I.C." heissen. Dieser Beleg traf am 15. Juni, also ganze 4 Tage später als Abb. 20 in New York ein
Abb.21
Abb.22
Abb. 23
Besonders erwähnenswert ist bei diesem Brief noch der dreizeilige violette Stempel "SUPPOSED TO CONTAIN MATTER / SUBJECT TO THE PROVISIONS OF / EXECUTIVE ORDER 8389 AS AMENDED". Dieser Stempel wurde in New York verwendet. Die entsprechende Verordnung Nr. 8389, welche lang vor Kriegsbeginn erlassen worden war, enthielt das Verbot einiger finanzieller und Vermögens-Transaktionen mit gewissen Ländern bzw. deren Bürgern. Diese Verordnung gab einen legalen Hintergrund für die Briefzensur ab, wobei hier speziell die Adresse innerhalb einer ausländischen Bankfiliale Argwohn erweckt haben könnte. Gemäss den Angaben im Handbuch "Civil Censorship in the United States during World War II" wurde dieser Stempel in New York zwischen Februar 1943 und Februar 1944 verwendet, während dieser Beleg bereits im Juni 1942 den entsprechenden Stempelabdruck erhielt.
Abb. 22 zeigt einen mit l Fr. richtig frankierten nicht eingeschriebenen Luftpostbrief von Vaduz nach New York, welcher am 25. Juli 1942 aufgegeben wurde und für die Zensur die Angabe "written in German!" trägt. Als LeitVorschrift ist hier in Buchs nur "Genf l" eingetragen, Lissabon ist nicht erwähnt. Mangels Transit- bzw. Ankunft Stempel auf der normalen Post ist nur durch den handschriftlichen Vermerk "IC" auf dem britischen Zensurstreifen ersichtlich, dass dieser Beleg über die Bermudas an sein Ziel gelangt ist
Besonders interessant ist der auf Abb. 23 gezeigte Beleg. Bei einem Gewicht von 8 gr. mit 1.70 Fr. portogerecht frankiert, wurde er am 10. Oktober 1942 in Vaduz an eine Adresse in Springfield, Mass. (USA) aufgegeben und in Buchs via
Genf l nach Lissabon geleitet. Die britische Zensur muss bei ihrer Kontrolle auf den Bermuda-Inseln ("IC") festgestellt haben, dass der Inhalt "kriegswichtig" sei, oder "Feindpropaganda" enthielt. Deshalb wurde der Brief beschlagnahmt. Lange nach Beendigung des zweiten Weltkrieges im Januar 1946 wurde der Beleg von den Engländern freigegeben und mit doppeltem, violetten, zweizeiligen Stempelaufdruck "HELD BY BRITISH CENSOR / RELEASED JANUARY 1946" (Vom britischen Zensor beschlagnahmt / Im Januar 1946 freigegeben) versehen. Ein postgeschichtlich äusserst interessantes Zeitdokument, wovon bestimmt nur wenige Exemplare existieren dürften. Bei der deutschen Zensur sind beschlagnahmte Sendungen grundsätzlich vernichtet worden.
Fortsetzung folgt