Österreichisch-schweizerische Postverträge (II)
II. Vereinbarungen mit Schweiz. Kantonen 1816
Hatte die Fussacher Botenfahrt unter österreichischer Sicht praktisch die Verbindung zwischen den k.k. Postämtern in Vorarlberg und Mailand besorgt, wo bei es sich um Transite geschlossener Briefpakete bzw. Felleisen durch das Graubündner Land handelte, so waren auch die frühen Vereinbarungen mit schweizerischen Kantonalverwaltungen auf derartige Transite konzentriert. Zuerst war es die Postkonvention mit Zürieh vom 22. Juni 1816, welche den Transit geschlossener Beutel betraf; dieser Vereinbarung waren in zeitlich knapper Folge die Kantonalverwaltungen von St. Gallen (29. Juli 1816), Luzern (31. Juli 1816), Aargau (11. September 1816), Basel (21. September 1816) und Schaffhausen (22. August 1816) beigetreten, wonach dann der Austausch der Ratifikationsurkunden in Bern am 30. September 1816 erfolgt war
Brief von Wien 1831 nach Basel, in Zürich desinfiziert und mit O GEREINIGT IN ZÜRICH (Winkler Nr. 1297) versehen.
III. Postvertrag mit Schaffhausen 1818
Der kostenfreie Transit geschlossener Briefpostpakete fand dann auch neuerlichen Niederschlag in einem Postvertrag zwischen der österreichischen Postverwaltung einerseits und dem Postamte zu Schaffhausen andererseits vom 25. November 1818. Die "unentgeltliche und unaufhaltsame Bestellung der geschlossenen Österreichischen Briefpostpakete von Mailand und Bregenz nach Frankfurt und vice versa, ohne dass weder dem kaiserlich-königlichen noch dem correspondierenden Postinstitute je ein Transitporto dafür angerechnet werde" wurde im Artikel I des Vertrages als "ein Beweis hochachtungsvoller Ergebenheit für Seine k.k. apostolische Majestät" seitens der Schaffhauser Postverwaltung bezeichnet. Tarifliche Bedeutung besonderer Art gewann nach Inhalt dieses Vertrages dann die Korrespondenz nach und von Baden und Württemberg via Schaffhausen: das k.k. Postamt Mailand leitete danach alle aus dem lombardisch-venetianischen Königreiche stammenden Briefe für Baden und Württemberg, ebenso dorthin bestimmte, welche aus angrenzenden italienischen Ländern stammten, nach Schaffhausen, während das k.k. Postamt Bregenz nach Baden und Württemberg bestimmte Post aus allen anderen Teilen Österreichs, samt fremder Durchlaufpost, an Schaffhausen weiterreichte. Von beiden Postämtern wurde gebührenfrei bis Schaffhausen befördert und das dortige Postamt hatte in der Folge die Aufgabe, bei Weiterleitung der Briefe an die königlich Württembergische beziehungsweise die grossherzoglich Badische Postverwaltung Zutaxen zu Gunsten des österreichischen Ärars (= Staatskasse) zu berechnen. Hiefür waren 4 Tarifklassen vereinbart:
1. Klasse: Fremde, das Kaisertum Österreich passierende Post beliebiger Herkunft (20 Kreuzer für den einfachen Brief)
2. Klasse: Korrespondenz aus den kaiserlichen Ländern Lombardei-Venetien, Illyrien, Dalmatien, Kroatien, Ungarn, Siebenbürgen, Galizien, Schlesien, Mähren, Österreich, Steyermark, Kärnthen und Salzburg (10 Kreuzer für den einfachen Brief)
3. Klasse: Korrespondenz aus Tyrol und Graubünden (6 Kreuzer für den einfachen Brief)
4. Klasse: Korrespondenz aus Vorarlberg (3 Kreuzer für den einfachen Brief).
Kreuzbandsendungen und Drucksachen wurden zu jeweils einem Drittel der Zutaxe für Briefe berechnet, wobei die Taxe niemals niedriger sein durfte als jene für einen einfachen Brief; letzterer verstand sich bis zu l/2 Loth Gewicht. Die Gewichtsprogression stieg von jeweils !/2 Loth zu einem */2 Loth und die Taxe analog jeweils um die Hälfte der Gebühr für den einfachen Brief. So z.B. in der Klasse I für einen einlöthigen Brief 30 Kreuzer, 1 l / 2 Loth 40 Kreuzer usw. bis zu 8 Loth mit 3 Gulden (l Fl. = 60 kr.), in der Klasse II wuchs die Taxe von 10 auf 15 usw. Kreuzer bis 1,30 Gulden, in der Klasse III von 6 auf 9 usw. Kreuzer bis 54 Kreuzer, nur in der Klasse IV war die Rechnung (um bei ganzen Beträgen zu bleiben) nach 3 Kreuzern für den Brief bis l Loth 6 Kreuzer, dann bis l l/2 Loth 7 Kreuzer, weiter 9, 10, 12, 13 usw. bis 27 Kreuzer; für Sendungen über 8 Loth Gewicht berechnete man pro Loth die Hälfte des jeweiligen einfachen Briefportos.
Im umgekehrten Postwege leitete das Postamt Schaffhausen alle dieses Amt passierenden Briefschaften, gleichgültig welcher Herkunft, soweit sie nach Lombardei -Venetien, Piemont, Sardinien, nach und über Genua, Parma, Toscana, dem Kirchenstaat, Neapel, Sizilien, weiteren italienischen Ländern, einschliesslich der Inseln im mittelländischen und adriatischen Meer adressiert waren nach Mailand, während die Transitbriefe für die übrigen Gebiete Österreichs und darüber hinaus nach Bregenz überstellt wurden. Die k.k. Auswechslungspostämter Mailand und Bregenz nahmen diese Briefpostbeutel ab Grenze Schaffhausen zur Beförderung an, ohne dass der k.k. Postverwaltung oder einer dazwischenliegenden Anstalt eine Vergütung zu entrichten war.
Das Postamt Schaffhausen legte seinerseits für die nach Württemberg und Baden abzuleitenden Briefe noch pro l/2 Loth-Brief jeweils 2 Kreuzer Transitgebühr zur österreichischen Zutax dazu, ebenso verrechnete es 2 Kreuzer Transitporto pro einfachen Brief in umgekehrter Richtung für alle passierenden Briefe, welche nach Mailand oder.Bregenz überstellt wurden. Zwischen den zusammenarbeitenden Postämtern wurde vierteljährlich auf Basis von geführten Listen verrechnet. Der Vertrag war mit 1. Jänner 1819 in Kraft getreten. Ein insgesamt doch komplizierter Verrechnungsvorgang, der noch durch die Währungsdifferenzen erschwert worden war: zwischen Schaffhausen und Österreich war die im Kaisertum damals übliche Conventionsmünze Rechenbasis, was einen 20-Gulden-Fuss bedeutete, während die Reichswährung in anderen deutschen Staaten eine Währungsbasis im 24 Gulden-Fusse hatte. Mit dem Grossherzogtum Baden gab es diesbezüglich auch bald Probleme, das heisst: die dortige Ober-Postdirektion verweigerte die Zahlung der für Österreich bestimmten Zutax an Schaffhausen, weshalb im Jahre 1819 direkte Verhandlungen der k.k. Postverwaltung mit jener Badens geführt worden waren. Ergebnis war die Abrechnung in Reichswährung, also im 24 Gulden-Fuss, zwischen Baden und Schaffhausen, was die entsprechende Änderung des Nominales nach sich zog: der einfache Brief wurde sonach in Klasse I mit 24 Kreuzern (statt 20 kr.), in Klasse II mit 12 Kreuzern (statt 10 kr.), in Klasse III mit 7 Kreuzern (statt 6 kr.) und in Klasse IV mit 4 Kreuzern (statt 3 kr.) zu Gunsten des k.k. Ärars in Reichswährung vergütet; die schon vorher in Reichswährung genannte Transitgebühr Schaffhausens in Höhe von 2 Kreuzern übernahm die Badische Postverwaltung für die nach Baden laufenden Briefe, während diese für von Baden nach Österreich und darüber hinaus laufende Briefe seitens des k.k. Ärars zur Vergütung an Schaffhausen übernommen worden war. Mit 1. November 1819 war dann diese Neufassung bezüglich Baden in Kraft.
IV. Vertrag mit der Fischer'sehen Post 1828
Zu einer vertraglichen Ordnung des Postaustausches zwischen den Fischer'schen Pachtposten in den Kantonen Bern, Freiburg, Solothurn, Unterwaiden und Genf einerseits sowie der k.k. österreichischen Post andererseits war es mit einem Postvertrag vom 23. April 1828, in Kraft gesetzt mit l. Juni gleichen Jahres, gekommen. Der Artikel I dieses Vertrages lautete: "Zwischen den Österreichisch-Kaiserlichen Posten und der Postverwaltung der Herren Fischer soll eine direkte Verbindung für die Instradierung und Auswechslung der gegenseitigen Correspondenzen Statt finden." Für dieses Vorhahaben wurde der Weg von der Lombardei durch den schweizerischen Kanton Tessin und über die St. Gotthard-Strasse gewählt. Der Postaustausch verstand sich auf die Gebiete der Fischer'sehen Pachtposten sowie auf österreichischer Seite auf die Gebiete im Süden des Reiches mit Lombardei-Venetien, Illyrien, Dalmatien, Südtirol sowie einlaufende Post fremditalienischer Staaten, des Mittelmeerbereiches und des Nahen Ostens. Die in den österreichischen Ländern beziehungsweise im Fischer'schen Postgebiet aufgegebene Briefpost war bis zur lombardischen Grenze, also inländisch, freizumachen und wurde dann unentgeltlich ausgewechselt. Analog war mit Briefpost zu verfahren, welche im Fischer'schen Bereich ihren Ursprung hatte und für fremd-italienische Staaten, Mittelmeer- und AdriaInseln sowie die Länder des östlichen Mittelmeeres bestimmt waren. Aus diesen Fremdstaaten durch Österreich kommende und für den Fischer'schen Postbereich bestimmte Post, die nicht frankiert und mittels Stempel "L.T." als unfrei bezeichnet war, wurde seitens der Fischer' sehen Verwaltung ein Betrag von 22 Lire austriache und 8 Centesimi pro 30 Gramm Briefgewicht an die österreichische Postverwaltung vergütet. Zeitungen und sonstige periodische Druckschriften wurden ohne Portovergütungen im Wege der beidseitigen Postzeitungs-Expeditionen ausgetauscht. Wie schon bei Schaffhausen wurden auch hier Listen über die Sendungsarten und allfällige Portovergütungen geführt, worüber vierteljährlich abgerechnet wurde; das Oberpostamt Mailand war Abwicklungsstelle und es galt die österreichische Conventionsmünze als Rechenbasis. Der Vertrag schloss auch die Möglichkeit von Gebietsveränderungen im Pachtsystem der Herren Fischer ein, was besagte, dass allenfalls zuwachsendes Gebiet automatisch in diesen Vertrag einbezogen wäre.
V. Postvertrag zwischen Österreich und den Schweiz. Kantonen 1847
Die Bestrebungen der kantonalen schweizerischen Postanstalten sowie der österreichischen Postverwaltung, zu besonderen nachbarlichen postalischen Beziehungen zu gelangen, fand dann in einem umfassenden Postvertrag, welchen Österreich bereits mit den eidg. Kantonen 1847 schloss, weitgehende Erfüllung. Was mit dem kostenfreien Transit geschlossener Briefbeutel zwischen dem k.k. österreichischen Postamte Mailand und jenem in Bregenz begonnen hatte, mündete in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre des XIX. Jahrhunderts in einem Gemeinschaftsporto der schweizerisch-österreichischen Korrespondenz. Am 6. Juni 1847 war in Wien das Protokoll über die ausgehandelte "Regulierung der Postverhältnisse zwischen dem österreichischen Kaiserstaate und den Cantonen der schweizerischen Eidgenossenschaft" unterzeichnet worden. Im unmittelbaren Kontakt waren Postverbindungen vorgesehen in den Grenzgebieten SchweizVorarlberg sowie Schweiz-Lombardei sowohl für Korrespondenzen als auch hinsichtlich des Personen-Reiseverkehres; mittelbar waren die Postverbindungen von Genf, Waadt und Wallis via Sardinien nach der Lombardei zu erstellen. Man war bestrebt, die bestmöglichen Kurse für rascheste Beförderung einzurichten, wobei auch an die Anbindung an Kurse Deutschlands und Frankreichs gedacht wurde. Für die Abwicklung des Postaustausches waren österreichischerseits die Postämter in Bregenz, Feldkirch und Chiavenna sowie von schweizerischer Seite die Postämter in Chur, Rheineck und Chiasso festgelegt worden. In den einleitenden allgemeinen Bestimmungen wird auch noch die Briefrekommandation grundsätzlich festgehalten und bestimmt, dass solche Sendungen ausschliesslich ohne Wertangabe zugelassen sind und bei Verlust ein innerer Wert nicht in Betracht gezogen würde, sondern bei Nachweis postalischen Verschuldens lediglich eine einheitliche Summe von 20 Gulden Conventions-Münze (Wiener Währung) als Ersatz geleistet würde. Dies ist übrigens eine Übung und eine Ersatzsumme, die schon in den früheren Verträgen mit Schaffhausen und Fischer ähnlich abgehandelt war. An den einleitenden ersten Abschnitt fügen sich der Abschnitt II mit den Bestimmungen der unmittelbaren österreichisch-schweizerischen Korrespondenz und der Abschnitt III mit den sehr ausführlichen Bestimmungen bezogen auf Transitsendungen.
(Fortsetzung folgt)