Internationale Ausstellung AMERIPEX 86: Übersicht Exponate in der Klasse „Postgeschichte“

Innerhalb dieser gewaltigen Ausstellung war die Postgeschichte quasi im Mittelpunkt, zwischen den Klassen «Championship/United States» und «Aerophilately/Europe», im selben Raum ausgestellt. Auf die insgesamt 518 Teilnehmer in allen Wettbewerbsklassen entfielen 138 auf Postgeschichte. Diese 138 Exponate erhielten folgende Medaillen: 20Gross-Gold, 37 Gold, 25 Gross-Vermeil, 32 Vermeil, 16 Gross-Silber, 9 Silber, 5 Gross-Bronze und 4 Bronze. Ein hervorragender Erfolg, welcher die aussergewöhnliche Qualität der gezeigten Sammlungen belegt. Den mit 30 Exponaten grössten Anteil bestritten die Sammlungen über amerikanische Postgeschichte und gaben einen tiefen Einblick in dieses vielfältige Gebiet. Es gab Forschungssammlungen über Postvertragskorrespondenz USA-Ausland 1845 bis UPU, über die Ausgaben 1851/57 und 1869, sowie 10 Cents 1861 und 3 Cents grün 1870/87 alle auf Brief im In- und Ausland verwendet, darunter eine seltene 37 Cents Frankatur nach Russland sowie 42 Cts nach Schweden, beide über Aachen (1851 /57 Ausgabe). Weiterhin eine SpezialSammlung Patriotic-covers mit US- und Auslandsfrankaturen. Heimatsammlungen (bessere Bezeichnung: Lokalpostsammlung!) gabs von Virginia, Petersburg, Florida, Rhode Island, Boston (mit vielen Transatlantikstempeln), New Orleans (mit dem seltenen englischen Konsularstempel im Gebrauch von Jan./Sept. 1842!), und Philadelphia (eine Übersicht von Bahnhof-, Landpost-, Schiffs- und Bahnpoststempeln!). Darüberhinaus herrliche Exponate über Bloods Post (Gold + Glückwunsch), US Carrier Stamps, Wells Fargo (darunter ein Brief in «Prussian closed Mail» nach Dresden!), Sammlungen über «Domestic Waterways», Bahnpost (Gross-Gold) und «Ship rates» auf ankommender Korrespondenz sowie Schiffsrouten nach Alaska. Viel schönes und seltenes Material gab es in einer etwas unglücklich beschriebenen Sammlung «Transatlantic Mail» nach und Transit Deutschland (Aachen, Bremen, Hamburg), darunter ein bisher unbekannter Schreibschriftstempel in blau: «6 1/2/America/über/Bremen» auf Brief nach Hamburg 1861!
Für den echten Postgeschichtler gab es drei Leckerbissen, Sammlungen, welche schon durch Veröffentlichungen in Übersee bekannt sind. Die «Postal History of the Forwarding Agents» von Kenneth Rowe, eine weltweite Übersicht der Befördererstempel, die «Mailings to and from British North America» von Allan Steinhardt mit selten gesehenen «Freight money Covers» (vorausbezahlte Transatlantikbriefe nach England) sowie Verrechnungsstempel wie: CANADA/&C. Art. 12, CANADA/ART-19, GB//2F40C, GB//3F02C und andere. Die Sammlung «US Transatlantic Stampless Mail» von John C. Arnell mit Korrespondenz zwischen den Vereinigten Staaten und England aus der Kolonial- und Republikanischen Periode mit allen seltenen Stempeln sowie einigen «freight money covers». Die Beschreibungen der Portis und Routen waren so komplett, dass man sich wie durch ein Fachbuch durchlesen konnte; dies wahrscheinlich zum Nachteil des Ausstellers, der dominierende Text brachte ihm eine Gross-Vermeil, wo Gross-Gold wirklich angebracht gewesen wäre. Süd-Amerika war gut vertreten mit verschiedenen schönen Exponaten: «Postal History of Chile» (Gerhard Blank, Gross-Gold) mit einer Vielfalt schöner Stempel wie CHILE, VALPARAISO U.A.; Guatemala «Stampless Era 1770 - 1870»; Haiti, Mexiko und Peru, die drei letzteren mit einer Gross-Gold Medaille bedacht. Der Europa-Anteil dieser Ausstellung entfiel auf verschiedene Länder: Österreich mit fünf Sammlungen darunter die Levante und Auslandsbüros. Einige Exponate zeigten auffallend viele Stempel auf losen Marken bzw. Ausschnitten, bei der Vielfalt an dekorativ gestalteten Stempeln eine Möglichkeit zur Darstellung vieler Orte, jedoch bleibt der Aspekt dieser Sammlung rein stempelkundlich (Marcophilie). Von Belgien gab es eine Lokalpostsammlung Brüssel, welche mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde.
Für Deutschland gab's vier Lokalpostsammlungen: Köln zweimal, Mannheim und Berlin, wobei bei der letzteren die Übergangsstempel total fehlten, ein Manko für eine so wichtige Transitstadt. Zwei Sammlungen zeigten Postgeschichte des preussisch-französischen Krieges 1870; weitere Exponate: deutsche Kolonien und Schiffspost. Ein schönes Objekt war die Sammlung TransatlantikVerbindungen zwischen Sachsen und den Vereinigten Staaten, wenn auch Mal «Prussian closed Mail» mit «Open Mail» (via England) in den Portodetaillierungen verwechselt wurde, so waren doch fast alle Belege ausgesucht und aussagekräftig, um diese schwierigen Postverbindungen zu belegen. Einen neuen Aspekt der Postgeschichte zeigte eine Sammlung altdeutsche Postscheine zur Personenbeförderung, Extrageld, Brückengeld,Schmiergeld usw. . . mit seltenen, kombinierten Scheinen Postkutsche + Eisenbahn. Zur klassischen Periode wurden von Dänemark zwei Sammlungen gezeigt, eine mit handschriftlichen Vermerken und Entwertungen und eine Lokalpost Kopenhagen. Auch hier machte eine Vielfalt von losen Marken die Stempelkunde zum Hauptthema. Ein Finnland-Exponat (1638 [!] - 1891) enthielt ungebrauchte Briefmarken! Die anerkannte Goldmedaille passte mehr zu einer traditionellen Philateliesammlung, nicht aber zu einem Exponat in der Klasse Postgeschichte. Für Frankreich gab's gleich viermal Gold, darunter einmal gross. Die Sammlungen waren aber auch von hohem postgeschichtlichen Wert: ein Exponat «Poste maritime du 17meet 19meSiecle» mit allen wichtigsten Schiffslandestempeln der französischen Häfen, «Marques d'Armee de Louis XIV ä Charles X», «Marques d'Armees sous Napoleon 1792 - 1814», beide Sammlungen deckten etwa alles ab, was es in Frankreich an seltenen Armeestempeln gibt bis Napoleon. Eine weitere Schiffspostsammlung zeigte in den ersten Rahmen fast alle bisher gefundenen Stempel der «Regie des Paquebots» ab 1785, so u.a. PAQ-NEW YORK, PAQ • L'ORIENT; zu schade, dass in den letzten Rahmen diese Stärke der Belege nicht durchgehalten werden konnte! In einer gut aufgemachten Lokalpostsammlung Luxemburg fehlten leider die wichtigsten Postvertragsstempel von 1815 bis 1830.
Die Schweiz war mit drei Sammlungen present, einer starken Generalsammlung Vorphilatelie Alte Eidgenossenschaft und Helvetik, inkl. Departements (Ruedi Rüegg) und einer Lokalpostsammlung Bern (Paul H. Heiniger), beide mit Gold gekrönt. Bei den Norwegensammlungen zeigte eine Auslandsbriefe mit verschiedenen Frankaturen. Wohl wurde jedes Porto über verschiedene Routen gut belegt, hingegen fehlten erklärende Übersichtstabellen und Karten. In fünf Exponaten konnte man Polens Postgeschichte von 1772 bis zum zweiten Weltkrieg bewundern. Von den britischen Inseln gab es drei schottische Sammlungen, darunter eine mit Schiffspost, eine Sammlung Irland 1662 - 1900 wurde mit Gold ausgezeichnet und zwei weitere zeigten Postgeschichte der Kanalinseln, wovon eine für die Mail-Agents, ship letters und Postverbindungen mit Frankreich Gold erhielt. Erstaunlich war die Abwesenheit von typisch englischen Postgeschichtesammlungen.
Eine Forschungssammlung zeigte die Entwicklung der Postverbindungen von und nach Russland unter den verschiedenen Postverträgen, über verschiedene Routen, inklusive Schiffspost und mit den verschiedenen Portis (Gross-Gold). Auslandspostämter in einer Stadt oder in einem Land wurden gezeigt für Epirus mit den griechischen, türkischen, österreichischen, italienischen, albanischen und autonomen Postämtern in einer logisch aufgebauten Reihenfolge mit guten Illustrationen. Eine ähnliche Sammlung über Auslandspostämter in Marokko hatte gutes, seltenes Material, war aber im Aufbau und durch fehlende Einführungen hinter der Epirussammlung zurück.
Asiens Postgeschichte war vertreten mit sehr schönen Sammlungen über Hong Kong, Japan und China.
Schliesslich gab es noch die Sonderschau «Thurn und Taxis, kaiserliche Post 1490 - 1867», mit 412 ausgestellten Objekten wohl das beste, was auf diesem Gebiet zu zeigen war. Ausgesucht und im Katalog vorgestellt von Dr. Dallmeier und Erwin Probst, mit einer englischen Übersetzung von Arthur Salm gab dieses Exponat eine Übersicht mit Originaldokumenten über die Entstehung der Taxispost, die gesellschaftlichen Verbindungen, die Brüsseler, Frankfurter und Regensburger Periode, Verbindungen zum Kaiser, Postverbindungen mit Frankreich (mit Postverträgen), Organisation und Einrichtung des Postwesens, die Gebäude, das Personal, Postroutekarten, Boten, Finanzen, Portolisten, Krieg-, Cholera- und Diebstahleinwirkung auf die Post, Übergang zur preussischen Post, und schliesslich über die für diese Zeit modernen Transportmittel: die Bahn und die Dampfschiffe. Diese mit Originalstücken geschmückte Ausstellung war eine konzentrierte Dokumentation von nahezu 400 Jahren Postgeschichte!

James Van der Linden