A propos Altschweiz: Celigny

Schlussfolgerung
Bis zur Inkraftsetzung des ersten eidgenössischen Posttarifes auf 1. Oktober 1849 gab es mit den Briefschaften von und nach Celigny keine «postalischen Missverständnisse». Die im Oktober 1849 von der Kreispostdirektion Genf herausgegebene «Waadt 4» diente zur Frankatur von Ortsbriefen und in Celigny schrieb man wohl kaum Briefe an einen anderen Einwohner von Celigny. Im Januar 1850 gelangte die «Waadt 5» zur Ausgabe, deren Bogen-Kopfleiste daraufhinwies, dass «Waadt 5» in Celigny keine Gültigkeit hatte. Warum diese «rätselhafte» Einschränkung? Solange wir nicht wissen, wie die Kopfleiste der «Waadt 4» lautete, kann man nur vermuten, dass der Lithograph Schmid die Bogen-Kopfleiste für die «Waadt 4» schuf und dieselbe Aufschrift für die Herstellung der «Waadt 5» stehen Hess. Doch: Nochmals, es ist eine Vermutung; denn der Text der Bogen-Kopfleiste für die «Waadt 4» ist unbekannt und wird auch unbekannt bleiben. Ab 1. August 1851 hatte die «Waadt 5» jedoch auch in Celigny Gültigkeit. Die «Schwierigkeiten» begannen erst, nachdem der Posthalter von Coppet als Angestellter der Kreispostdirektion Genf am 1. Dezember 1849 gewählt worden war. Doch auch diese, vielfach missverstandenen, austaxierten CelignyBriefe lassen sich erklären.

Taxierte Celigny-Briefe
Bekannt ist ein Brief vom 1. Juli 1849 an «Mademoiselle Lucile Duby», frankiert mit einem «Hellen» Adler, welcher mit einer neuen Adresse an «Professeur Duby» in Celigny am 3. Juli 1849 in Genf der Post übergeben wurde. Selbstverständlich musste diese postalische Neuaufgabe mit Adressänderung mit «5 CS» austaxiert werden. Alles in bester Ordnung.
Untenstehender Brief (Abb. 11) von Celigny an «Madame Naville-Todd» in Vernier vom 31. Januar 1850 zeigt zwei «Dunkle» Adler-Marken, je mittels drei violetten Tintenstrichen annulliert, d.h. ungültig erklärt. Warum mit «5 CS» und handschriftlich mit «2» Kreuzern austaxiert? Der erst im Dezember 1849 gewählte waadtländische Posthalter von Coppet im Dienste der schweizerischen Kreispostdirektion Genf nahm es sehr genau. Marken, die das Schweizerkreuz aufwiesen, entwertete er anstandslos, doch als Angestellter der schweizerischen Post «hütete» er sich, Genfer Kantonalmarken abzustempeln; denn diese hatten im waadtländischen Coppet keine Gültigkeit. Somit handelte es sich um einen unfrankierten Brief, der austaxiert werden musste.

Auch der Brief mit Celigny-Stempel an «Claparide fils, Etud. en Theologie» vom 6. Februar 1850, «frankiert» mit einem «Dunklen» Genfer Adler musste in Coppet mit «2» Kreuzern und in Genf mit «5 CS» austaxiert werden; denn ab l. Oktober 1849 kannte der Posthalter in Coppet nur einen schweizerischen Posttarif. Für ihn hatte die Genfer-Marke keine Gültigkeit; sie blieb unberücksichtigt, der Brief war für ihn somit nicht frankiert.

Die Bossey-Briefe
Hierüber wurde Etliches falsch ausgelegt, sogar von Altmeister Josua Bühler -10).
Der bekannte Briefumschlag mit aufgedruckter 5 C.-Marke von Genf vom 17. August 1846 an «Adele Vaucher ä Bossey Commune de Celigny» musste austaxiert werden, nicht, wie Josua Bühler schreibt, weil «Celigny nicht zum Postgebiet des Kantons Genf» gehörte, sondern ganz einfach, weil Bossey nicht Celigny ist. Bossey war und ist im Kanton Waadt, was immer wieder übersehen wird. Genau das Gleiche für den austaxierten Brief an «Madame VaucherAmat ä Bossey pres Celigny» vom 11. August 1849. Hingegen durfte und konnte der Brief an «Madame VaucherAmat ä Celigny, Canton», frankiert mit einem «Dunklen» Adler, nicht austaxiert werden, weil der am 9. September 1849 in Genf aufgegebene Brief nach Celigny und nicht nach Bossey adressiert war.

Nur der obige «Beleg» (Abb. 12) lässt sich nicht erklären. Es handelt sich um einen Brief an «Ernest Vaucher, Bossey pres Celigny», frankiert mit der linken Hälfte einer Doppelgenf (rote Rosette Nr. 2) und rotem Abgangsstempel von Genf vom 23. August 1845. «Celigny» und nicht Celigny: Merkwürdig! Scheinbar nicht austaxiert: Merkwürdig! Und dazu noch den rückseitigen Stempel von Coppet: Merkwürdig.

Die Crans- Briefe
Die kleine waadtländische Gemeinde Crans-pres-Celigny grenzt an Celigny. Der Genfer Antoine Saladin Hess 1764-67 in Crans sein frühklassizistisches Schloss erbauen. Und ein Saladin schrieb am 8. Mai 1845 einen Brief an Boisdechesne & Bastard in Genf, welcher dort am 9. Mai 45 abgestempelt wurde. Dieser Brief, frankiert mit einer linken Hälfte der Doppelgenf, entwertet mit roter Genfer Rosette, weist den Stabstempel Celigny auf, weil er dem Briefträger von Celigny übergeben wurde. Vielleicht stammt auch der Brief, frankiert mit Kleinem Adler, entwertet mit LG-Stempel, aus Crans.

Die «Belle-Ferme»-Briefe
gaben Anlass zu etlichen philatelistischen Diskussionen. Zwei Belege wurden bekannt, beide mit «Kleinen» Adler frankiert, beide nicht austaxiert; Daten: 18.12.1846, 23.07.1847 (Abb. 13); Adressierungen: Bernard St.Ours Celigny pour Belle Ferme und Ami BernardSt. Ours Belleferme Celigny.

Warum wurden diese Briefe nicht austaxiert? Liegt doch der Gutsbetrieb Belle - Ferme im Kanton Waadt, in der waadtländischen Gemeinde Bogis-Bossey. Doch sowohl die Genfer Postbeamten als auch der Posthalter in Coppet wussten, dass der reichbegüterte Ami Bernard, welcher Fanny de Saint-Ours ehelichte - 7), seinen Wohnsitz nicht in seinem Gutsbetrieb «Belle-Ferme» hatte, sondern bis zu seinem Tod 1851 in Celigny wohnte.

Vermutliche Celigny-Belege
Bekannt ist ein Briefteil mit ausgeschnittener Adresse, frankiert mit einem Paar Heller Adler, entwertet mit zwei Rosetten Nr. 4 und daneben Zweikreisstempel Genf vom 16. Oktober 48. Irgendjemand hat in der oberen rechten Ecke den handschriftlichen Bleistiftvermerk «Rückseite St. Celigny» angebracht. G.E. Anderegg besass ein waagrechtes Paar des Kleinen Adlers auf einem Briefstück. Das Markenpaar wurde nicht abgestempelt. Unterhalb des Paares ist der Zweikreisstempel von Coppet 15 Juin? 51? angebracht und lesbar «Monsieur... au Petit». Es wird vermutet, dass dieses Briefstück irgendwie mit Celigny «zusammenhängt».

Der CELIGNY-Stempel
ist ein schwarzer Stabstempel in Elzevir (AW Nr. 9220; neu Gruppe 30/17) und misst 3,5 x 18,5 mm; er diente nie zur Entwertung von Marken. Er soll vom 5. Sept. 1844 bis 7. Okt. 1849 beobachtet worden sein - 9). Auf Briefen mit gültigen Marken wurde dieser Stempel vom 3. Okt. 1844 bis 15. Sept. 1849 festgehalten und letztmals am 6. Febr. 1850 auf einem Brief mit «Dunklem» Adler, welcher weder durchgestrichen, noch entwertet wurde (Claparide-Brief). Auf dem oben erwähnten Briefstück mit senkrechtem Paar des «Dunklen» Adlers «glänzte» einst der Celigny-Stabstempel zusammen mit dem Kreisstempel Coppet vom 28. Okt. 1849.
Inventar-Entwurf: Abkürzungen


Stabstempel Celigny stets in Schwarz.

Belege von Celigny (mit Marken)




Belege nach Celigny und Bossey (mit Marken)



Und zum Schluss: Eine Bitte
Während mehr als 50 Jahren habe ich den in- und ausländischen Auktionsmarkt »beackert», über 2000 Auktionskataloge nach Celigny-Belegen durchsucht. Das Resultat ist obenstehend. Doch der sog. «Festhandel» fehlt, konnte und kann nicht erfasst werden. Wer vervollständigt meine Arbeit?

Literatur-Nachweise