Österreich und der Deutsche Zollverein.

In Heft 29 vom März 1987 veröffentlichte Dr. Rüdiger Wurth einen interessanten Beitrag «Der Überschneidungszeitraum der österreichischen Emissionen von 1850 und 1858 zwischen dem 1. November und dem 31. Dezember 1858.» Leider sind ihm dabei Ungenauigkeiten und Fehlinterpretationen unterlaufen, die richtiggestellt werden sollten. So gehörte das Kaisertum Österreich zu keiner Zeit dem Deutschen Zollverein und dem deutschen Zollparlament an. Alle Versuche Österreichs, den Anschluss an den Zollverein zu erreichen, wobei es von einigen deutschen Mittelstaaten unterstützt wurde, blockte Preussen erfolgreich ab. Es kam lediglich am 19.02.1853 zu einem Handelsvertrag mit Preussen, dem die anderen Zollvereinsstaaten beitraten. Wobei man wissen muss, dass nicht alle deutschen Bundesstaaten dem Zollverein angehörten; die beiden Mecklenburg z.B. traten erst 1868 bei und die beiden freien und Hansestädte Hamburg und Bremen sogar erst Mitte 1888.
Der Artikel 19 dieses Handelsvertrages bestimmte: «Die kontrahierenden Staaten werden noch im Laufe des Jahres 1853 über eine allgemeine Münzkonvention in Unterhandlungen treten.» Dazu kam es jedoch vorerst nicht, da Österreich zuvor seine Geldverhältnisse regeln und zur Metallwährung zurückkehren musste. Seit 1848 bestand nämlich für die Noten der Österreichischen Nationalbank ein Zwangskurs und auch die noch umlaufenden Antizipationsscheine galten zu 40 Prozent ihres Nennwertes ebenfalls als solche Noten. Goldund Silbermünzen dienten lediglich Aussenhandelszwecken und wurden im Inland nur gegen Aufgeld gehandelt. Um nun eine Einlösung der Noten zu ermöglichen, wurde zur Zeichnung eines «Nationalanlehens» aufgerufen, die eingegangenen Mittel jedoch für die Rüstung zum Krimkrieg und zur Besetzung der Donaufürstentümer ausgegeben. Österreich verlangte nun, dass die Zollvereinsstaaten mit ihm von ihrer bisherigen Silberwährung zur Goldwährung übergehen sollten. - Durch die Entdeckung der Goldfelder in Kalifornien und Australien war der Wert des Goldes, im Verhältnis zum Silber, erheblich gesunken. - Es hoffte so, seine Staatsschulden in einer Goldwährung «billiger» tilgen zu können. Und deren Rückzahlung war die Voraussetzung dafür, dass der Handelsvertrag überhaupt zum Tragen kommen konnte. Aber Preussen blieb hart und Österreich musste nachgeben, um nicht die Münzkonferenz und damit auch den Handelsvertrag zu gefährden.
Stabile Wechselkurse und ein einheitliches Richtgewicht ihrer Münzstätten hatten die Zollvereinsstaaten bereits 1838 auf ihrer Münzkonferenz zu Dresden vereinbart. Das war verhältnismässig einfach, nachdem die süddeutschen Guldenländer sich 1837 in München auf einen gemeinsamen 24 ½ -Guldenfuss geeinigt hatten. Die Wechselkurse waren danach: l Taler = 1% Gulden (südeutsch) oder 30 (Silber-) Groschen = 105 Kreuzer oder l (Silber-) Groschen = 3!/2 Kreuzer. Als Richtgewicht hatte man das der Berliner Münzstätte angenommen, eine «cölnische Mark fein Silber» = 233,856 Gramm, während die anderen Mark-Gewichte davon um ein weniges differiert hatten. Bei der Münzkonferenz in Wien ging es nun darum, dass die Zollvereinsstaaten auch im Münzsystem zu ihrem Grundgewicht, dem Zollpfund von 500 Gramm, übergehen wollten. Das war für sie Verhältnismassig einfach: Aus dem 14 Taler-Fuss wurde ein 30 Taler-Fuss und aus dem 24 !/2 Gulden-Fuss ein 52 i/2 GuldenFuss. Die Wertdifferenz betrug nur zwei Promille, also weniger als den Münzen als Toleranz zugestanden war, sie konnte deshalb unberücksichtigt bleiben.
Für Österreich war der Wechsel zur Pfundrechnung jedoch wesentlich schwieriger. Der Übergang vom bisherigen 20 Gulden-Conventionsfuss (C.M.) nach dem Richtgewicht der «Wiener Mark» von 233,87 Gramm zum Zollpfund hätte einen Gulden im 42 19/25- Fuss bedeutet, mit einer für alle Beteiligten unerfreulichen Reduktion. Es blieb Österreich nichts anderes übrig, als zu einem «neuen» Gulden überzugehen, der «leichter» war und fünf Prozent weniger Silber enthielt. Das ergab, auf die Pfundrechnung bezogen, einen 45 Gulden-Fuss. Den Gulden nannte man «Gulden österreichische Währung» (ö. W.) und teilte ihn in 100 Neukreuzer.
Nun waren alle Wechselkurse klar und einfach. Denn: 1½ Gulden ö. W. = l Taler = P/4 Gulden süddeutsch oder 150 Neukreuzer = 30 (Silber-) Groschen = 105 Kreuzer süddeutsch oder 5 Neukreuzer = l (Silber-) Groschen = 3!/2 Kreuzer süddeutsch.
Daneben durfte Österreich den bisherigen Doppelgulden C.M., den MariaTheresien-Taler, weiter ausprägen. Er wurde in der Levante und im Orient als Handelsmünze benötigt. Der (Gold-) Dukat dagegen musste ab 1865 verschwinden.
Um das Papiergeld mit seinem Zwangskurs einlösen zu können, veräusserte der österreichische Staat Eisenbahnen und andere Vermögenswerte. Die Nationalbank nahm im September 1858 die Barzahlungen wieder auf, leider nur vorübergehend. Denn bereits 1859 nach Ausbruch des Krieges mit Sardinien und Frankreich, der mit dem Verlust der Lombardei endete, erhielten die Noten der Nationalbank wieder Zwangskurs. Und dabei blieb es bis gegen Ende des Jahrhunderts. Österreich ging zur Goldwährung über und ab 1.1.1900 löste deren Krone den Gulden endgültig ab.
Die misslichen österreichischen Geldverhältnisse vor und nach dem Wiener Münzvertrag vom 24.1.1857 waren mit ein Grund dafür, dass innerhalb des Deutsch - Österreichischen Post Vereins im Wechselverkehr mit Österreich keine Bareinzahlungen (Vorläufer der Postanweisungen) und ab 1868 auch keine Postanweisungen zugelassen waren. 

Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.